Was beeinflusst Kaufentscheidungen?
von Susannah Mathieson
Wie der Ankereffekt, das Wahlparadoxon, der Verfügbarkeitsfehler und der Speak-Easy-Effekt Entscheidungen im Verkaufsprozess prägen.
Das Verständnis der Psychologie hinter Entscheidungsprozessen ist ein mächtiges Werkzeug im Vertrieb. Indem Verkaufsprofis darauf eingehen, wie das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet, können sie Strategien entwickeln, die tief bei ihren potenziellen Kunden ankommen. Konzepte wie der Speak-Easy-Effekt, der Verfügbarkeitsbias, das Wahlparadoxon und der Anker-Bias zeigen, wie scheinbar kleine Details Kaufentscheidungen erheblich beeinflussen können. Wir beleuchten diese Prinzipien der Verkaufspsychologie und geben umsetzbare Tipps, wie man Vertrauen aufbaut, Entscheidungen vereinfacht und potenzielle Kunden zu sicheren Entscheidungen führt.
Speak-Easy-Effekt
Definition:
Das Phänomen, dass Verbraucher einfachere und leichter verständliche Informationen bevorzugen, wodurch die Kommunikation überzeugender wird.
Der Speak-Easy-Effekt unterstreicht die Vorliebe unseres Gehirns für Einfachheit und Vertrautheit.
Wir vertrauen eher Menschen, die Namen und Wörter verwenden, die leicht auszusprechen und uns vertraut sind.
Die Wissenschaft:
In einer Studie aus dem Jahr 1999 fanden Forscher heraus, dass Wörter und Namen, die leichter zu verarbeiten sind, positiver beurteilt werden und positivere Emotionen hervorrufen, auch in Bezug auf den wahrgenommenen Wahrheitsgehalt.
Eine weitere Studie aus dem Jahr 2007 bestätigt dies: Schwer auszusprechende Begriffe werden als riskanter eingestuft.
Die Anwendung im Vertrieb:
Es ist üblich, Verkaufsangebote zu sehen, die komplexen Jargon und schicke Schlagworte verwenden, um beeindruckend zu wirken. Wenn der potenzielle Kunde jedoch nicht versteht, was diese Wörter bedeuten, kann dies zu Distanz, mangelndem Vertrauen oder einem Verlust an Glaubwürdigkeit führen.
Wie du den Speak-Easy-Effekt im Vertrieb nutzt:
- Vereinfache dein Angebot: Vermeide Fachjargon und technische Begriffe. Konzentriere dich auf eine Sprache, die dein Kunde leicht versteht.
- Verwende handlungsorientierte Verben: Klare, prägnante Verben wie „erreichen“, „sparen“ oder „verbessern“ machen deine Botschaft direkt und überzeugend.
- Spiegle die Sprache deines Kunden: Verwende die gleichen Wörter wie dein Kunde, um Vertrautheit und eine Verbindung zu schaffen.
Verfügbarkeitsbias
Definition:
Die Neigung, Entscheidungen auf der Grundlage der Informationen zu treffen, die am leichtesten in den Sinn kommen, oft kürzlich erlebte oder eindrucksvolle Erinnerungen, anstatt auf allen relevanten Informationen zu basieren.
Die Wissenschaft:
In einer Studie fragten Kahneman und Tversky, ob es mehr Wörter gibt, die mit „k“ beginnen oder bei denen „k“ der dritte Buchstabe ist. (Was denkst du?! 😉) Die meisten nahmen an, dass es mehr Wörter gibt, die mit „k“ beginnen, weil solche Wörter leichter abrufbar sind. In Wirklichkeit gibt es jedoch doppelt so viele Wörter mit „k“ als drittem Buchstaben! Dies verdeutlicht, wie der Verfügbarkeitsbias zu Fehlern führt.
Die Anwendung im Vertrieb:
Im Vertrieb bedeutet das, dass potenzielle Kunden sich eher an die Details erinnern und davon beeinflusst werden, die sie am häufigsten oder am eindrucksvollsten wahrnehmen. Je häufiger du positive Informationen über dich, dein Unternehmen und deine Angebote teilst, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich die Entscheidungsträger daran erinnern.
So nutzt du den Verfügbarkeitsbias im Vertrieb:
- Verstärke regelmäßig wichtige Punkte über die Vorteile und einzigartigen Merkmale deiner Lösung. Das hilft dir, im Gedächtnis zu bleiben und deine Botschaft im Vergleich zu den Wettbewerbern präsent zu halten.
- Übertreibe die Nachteile des Nicht-Kaufs des Produkts oder der Lösung (auch bekannt als „Kosten der Untätigkeit“). Das kann Kunden dazu bringen, besser einzuschätzen, wie sehr sie dein Produkt tatsächlich brauchen.
- Teile einprägsame Testimonials, Fallstudien oder Erfolgsgeschichten. Präsentiere dein Produkt mit eindrucksvollen visuellen Inhalten, Demos oder Videos. Diese schaffen starke mentale Eindrücke, an die sich potenzielle Kunden eher erinnern werden.
Wahlparadoxon
Definition:
Das von Psychologe Barry Schwartz eingeführte Wahlparadoxon (auch Überangebot genannt) besagt, dass zu viele Optionen uns unzufriedener mit unseren Entscheidungen machen.
Das liegt daran, dass mehr Auswahl mehr mentale Anstrengung erfordert, was zu Entscheidungserschöpfung führt – einer Verschlechterung der Fähigkeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen – und zu größerem Bedauern über unsere Entscheidungen.
Die Wissenschaft:
In einer Studie von 2000, durchgeführt von den Psychologen Sheena Iyengar und Mark Lepper, sahen die Kunden auf einem Lebensmittelmarkt 24 Sorten Gourmetmarmelade und erhielten bei einer Kostprobe einen 1-Dollar-Gutschein. An einem anderen Tag wurden nur sechs Marmeladen gezeigt. Obwohl die größere Auswahl mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, kauften Kunden, die diese sahen, zehnmal seltener als diejenigen, die die kleinere Auswahl sahen. Zudem berichtete die kleinere Gruppe von größerer Zufriedenheit beim Kauf.
Ja, zu viel Auswahl ist ein Problem... aber zu wenig auch.
Eine Studie ergab, dass Menschen weniger wahrscheinlich kaufen, wenn nur eine Option angeboten wird. Wenn sie zwischen zwei DVD-Playern wählen konnten, kauften 66 %, verglichen mit nur 9-10 % bei nur einer Auswahlmöglichkeit. Diese „Einzeloptionen-Aversion“ zeigt, dass Verbraucher Alternativen bevorzugen, auch wenn die ideale Anzahl von Optionen variiert.
Die Anwendung im Vertrieb:
Eine häufige Reaktion auf das Wahlparadoxon ist die Aufschiebung der Entscheidung. Kunden, die von zu vielen Optionen überfordert sind, treffen entweder keine Entscheidung oder wählen die Standardoption, anstatt Alternativen zu vergleichen.
Wie du das Wahlparadoxon im Vertrieb nutzt:
- Sei strategisch bei der Anzahl der Optionen, die du in einem Angebot präsentierst. Zu viele Optionen können zu Verzögerungen führen, und die Kunden erwarten, dass du ihnen als Experte bei der Entscheidungsfindung hilfst. Finde also Wege, um die Auswahl für deine Kunden zu vereinfachen.
- Bevor du die Anzahl der angebotenen Optionen verringerst oder erhöhst, ist es unerlässlich, ein tiefes Verständnis deiner Zielkunden zu haben.
- Wenn du unsicher bist, experimentiere! Passe die Anzahl der Optionen an – entweder durch Erhöhung oder Verringerung – und beobachte, ob es einen Unterschied macht.
Anker-Bias
Definition:
Der Anker-Bias basiert auf dem Prinzip der Relativität und beschreibt unsere Tendenz, die anfänglich erhaltenen Informationen überzubewerten und sie als Maßstab für zukünftige Entscheidungen zu verwenden.
Die Wissenschaft:
1974 testeten die Psychologen Tversky und Kahneman den Anker-Bias, indem sie Studenten baten, das Ergebnis derselben Gleichung zu schätzen. Eine Gruppe sah die Gleichung in absteigender Reihenfolge, die andere in aufsteigender.
Die Gruppe mit der höheren Ausgangszahl gab eine höhere Schätzung ab, was zeigt, wie anfängliche Anker Urteile beeinflussen, selbst wenn die richtige Antwort deutlich anders ist.
Die Anwendung im Vertrieb:
Menschen verlassen sich oft auf einen Referenzpunkt – einen Anker – um den Wert eines potenziellen Kaufs zu beurteilen.
Im Vertrieb ist der Anker das erste Produkt, das wir sehen, der erste Preis, den wir hören, die erste gegebene Information oder sogar der erste Eindruck des Verkäufers. Diese Anker sind die Grundlage, mit der alle weiteren Informationen verglichen und beurteilt werden.
Beispielsweise zeigt das Preis-Ankern – besonders effektiv bei mindestens drei Preiskategorien – dass die meisten Menschen zur mittleren Preisoption tendieren. Sie erscheint im Vergleich zur teuersten Option erschwinglich und vermittelt gleichzeitig eine höhere Qualität als die günstigste Alternative. Das ist häufig im SaaS-Vertrieb zu beobachten.
Ein weiteres Beispiel ist, dass Vertriebsmitarbeiter sich manchmal zu sehr auf das erste Problem konzentrieren, das ein potenzieller Kunde erwähnt, und annehmen, dass es wichtiger ist als alles, was später im Gespräch erwähnt wird.
Wie du den Anker-Bias im Vertrieb nutzt:
- Sprich zuerst über das Budget, um die Erwartungen zu klären und Zeit zu sparen. Wenn der Kunde 85.000 Euro erwartet, aber ein Angebot etwas darunter liegt, fühlt sich das besser an, als wenn er 70.000 Euro erwartet und dann ein höheres Angebot sieht.
- Beginne mit der teuersten Option, wenn du Kaufoptionen vorstellst. Verwende mindestens drei Preiskategorien.
- Der erste Eindruck zählt. Plane deine Vorstellung von dir selbst und deinem Produkt sorgfältig, um einen positiven Ton zu setzen und hohe Erwartungen für den gesamten Kaufprozess zu wecken.
- Investiere Zeit in die Recherche und ein umfassendes Verständnis deiner potenziellen Kunden. Du kannst keinen wertvollen Rat geben, ohne die Ziele und Probleme des Kunden vollständig zu verstehen.
Zusammengefasst:
Verkauf ist genauso sehr Psychologie wie es um Produkte oder Preise geht. Indem du Konzepte wie den Speak-Easy-Effekt anwendest, um die Kommunikation zu vereinfachen, Availability Bias, um wichtige Botschaften zu verstärken, das Choice Paradox, um Optionen zu verfeinern, und Anchoring Bias, um Erwartungen zu setzen, kannst du einen reibungsloseren, überzeugenderen Verkaufsprozess schaffen. Diese Einsichten helfen dir, dich als vertrauenswürdigen Berater zu positionieren, der die Bedürfnisse des Kunden versteht und ihre Entscheidungen erleichtert.
Über die Autorin
Susie Mathieson ist die Gründerin von the small stuff und arbeitet seit über 20 Jahren in und mit Vertriebsteams. Ihr Fokus auf Motivation im Home-Office war das Thema ihrer Masterarbeit (MBA) im Mai 2020 und ist ein beliebtes Schulungsthema bei den Kunden von the small stuff.
The Speak-Easy Effect (learningloop.io)
9 Ways to Use Sales Psychology to Close More Deals | Proposify
https://minutehack.com/guides/sales-how-to-avoid-triggering-the-negativity-bias
https://www.simplypsychology.org/availability-heuristic.html
9 Ways to Use Sales Psychology to Close More Deals | Proposify
More Isn’t Always Better (hbr.org)
The Paradox of Choice - The Decision Lab
https://www.betterup.com/blog/anchoring-bias
9 Ways to Use Sales Psychology to Close More Deals | Proposify
Sales Psychology: 10 Psychological Triggers to Make People Buy From You (wholesaleted.com)
Sales psychology: (6 proven techniques & tips) (psdcenter.com)
Sales Psychology: A Psychological Selling Guide | Pipedrive
26 Psychological Biases to Help You Sell Better and Faster (hubspot.com)
12 Sneaky Psychological Biases That Affect How You Sell (hubspot.com)
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